Snapshots from Spain

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42.Txd4!? exd4 43.Ke2 Ke5 44.Kd3 Lc8 45.f4+ Kd6 46.Kxd4 Lg4

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Mit nun drei Bauern gegen den Läufer und einem zentralisierten König sollte Weiß den Vormarsch seiner Bauernkette doch mit Einbruchsdrohungen via c5 und b6 kombinieren können. Bei genauerer Betrachtung kann der schwarze König aber c5 gut verteidigen und sobald Weiß ihn mittels e4-e5 nach c6 vertreibt, kann der Läufer die Bauern alleine blockieren. Deshalb lässt sich Salgado auf eine riskante Gewinnidee ein.

47.Ke3 Ke6! 48.f5+ gxf5 49.Kf4

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Einer der Bauern wird also geopfert, um dem verbleibenden Freibauernpaar die Unterstützung des eigenen Königs zu verschaffen. Jeder Turnierspieler kennt wohl die Situation, dass wenn in ausgeglichenen Endspielstellungen die Brechstange ausgepackt wird, vor allem die gegnerischen Verteidigungsressourcen übersehen oder unterschätzt werden. Da sich Schwarz bisher sehr gut verteidigt hatte, war ich selbst verwundert, weshalb sein Gegner hier mitten im Turnier doch ein so hohes Risiko einzugehen bereit war.

49… Lh3 50.gxf5+ Lxf5 51.g4 Lc2

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Obwohl der weiße König nun seine Freibauern direkt unterstützen kann, bremst sie Schwarz ohne größere Mühe aus und kann plötzlich selbst Gewinnchancen anmelden. Nach beispielsweise 52.Kg5 Ke5 53.h5 Le4 54.h6 Ld3 55.Kh4 Kf4 wird Weiß methodisch austempiert. Vermutlich hatte er sich darauf verlassen, den schwarzen König soweit abzulenken, um selbst noch den Bauern a6 zu kassieren, aber auch dieser Plan hat leider einen Haken.

52.g5 Ld1 53.g6 Kf6

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54.g7?

Der richtige Plan in falscher Ausführung. Viele weitgehend zwingende Varianten laufen nun auf das folgende Szenario hinaus:
1.) Weiß opfert den g-Bauern um dafür mit dem eigenen König zum Damenflügel durchzubrechen.
2.) Weiß kassiert den Bauern a6 während Schwarz mit dem König auf den Bauern b4 losgeht.
3.) Beim anschließenden Wettrennen hält Schwarz mit dem Läufer den a-Bauern auf, muss dafür den h-Bauern ziehen lassen und selbst den b-Bauern umwandeln.
4.) Schwarz kann mit Dame plus Läufer gegen Dame aufgrund seiner aktiven Figurenstellung Gewinnversuche unternehmen.

Laut dem in derartigen Stellungen unentbehrlichen Rechenknecht hätte Weiß nun am ehesten 54.Ke4 Lc2+ 55.Kd5 Lxg6 56.Kc6 Ke6 57.Kb6 Kd5 58.Kxa6 Kc4! (gut möglich, dass Weiß in der Vorausberechnung nur die Blockade 58… Kc6 59.Ka7 Kc7 mit Zugwiederholung berücksichtigt hatte) 59.Kb6 Kxb4 60.a6 Kc4 61.a7 Le4 62.h5 b4 63.h6 b3 64.h7 b2 65.h8D b1D+ spielen sollen, und wie sich beim späteren Vergleich mit der Partiefortsetzung zeigen wird, hat Weiß bei einem schwarzen Läufer auf e4 eine geringere Verlustgefahr.

Die Partiefortsetzung ist aber ein schlichter Rechenfehler.

54… Kxg7 55.Ke5 Kf7?

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Die wirklich erste schwarze Ungenauigkeit gibt dem Anziehenden wieder Chancen, wogegen 55… Lf3 56.Kd6 Kf6 57.Kc7 Ke6 58.Kb6 Kd5 59.Kxa6 Kc4 60.Kb6 Kxb4 ein entscheidendes Tempo gewonnen hätte – der Läufer steht nämlich bereits auf der langen Diagonale.

56.Kd6 Kf6 57.Kc7 Ke6 58.Kb6 Kd5 59.Kxa6 Kc4 (inzwischen ist das Spielchen dem Leser geläufig) 60.Kb6 Kxb4 61.a6 Kc4 62.a7 Lf3 63.h5 b4 64.h6 b3 65.h7 b2 66.h8D b1D+

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Normalerweise sind Endspiele mit Dame gegen Dame plus Läufer relativ einfach zu verteidigen, hier hat Schwarz aber begründete Gewinnchancen, woran auch der Bauer auf a7 nichts ändert. Die schwarzen Figuren nehmen den gegnerischen König gehörig in den Schwitzkasten.

67.Kc7 Db7+ 68.Kd6 Db6+ 69.Ke7 Dc5+ 70.Kf7 Lh5+

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In der oben erläuterten Variante zu 54.Ke4 stünde nun der schwarze Läufer nicht auf f3 sondern auf e4, wodurch dieses lästige Seitenschach nicht möglich wäre. Nun hält ausschließlich 71.Ke6 den Weißen im Spiel, nach der beiderseits besten Fortsetzung 71… Db6+ 72.Ke7 (72.Kf5 Dg6+ 73.Kf4 Df3+ 74.Ke3 De2+ 75.Kf4 Df3+ 76.Ke5 Dc3+ und ausgetanzt) 72… Dxa7+ 73.Kd6 Dc5+74.Ke6 Lg4+ 75.Kf7 Dd5+ 76.Kf8 Df5+ 77.Kg8 De6+ 78.Kf8 findet der König zumeist ein einziges “unvermintes” Feld und kann sich mit knapper Not retten.

Was dem Rechenknecht wohl wenig Mühe abverlangt, lässt hier selbst den Supergroßmeister, bestimmt zermürbt durch fruchtlose Gewinnversuche und zerrinnende Restbedenkzeit, einfach nur alt aussehen – für jeden Menschen nachvollziehbar.

71.Kg8? Dd5+ 72.Kh7 Df5+ und 0 – 1 wegen des nahen Mattbildes.

Während Meister Cuenca auch durch das Glück des Tüchtigen einen Riesenschritt zur späteren, wenn auch mit 7 Punkten aus 9 Runden geteilten spanischen Meisterschaft gemacht hatte, verließ der deprimierte Turnierfavorit Salgado nach einem weiteren Kurzremis das Turnier. Mein eingangs erwähnter spanischer Teamkollege – übrigens am Ende auch einer der Co-Sieger – schrieb mir im Nachgang, dass Salgado wohl schon kränklich ins Turnier gestartet wäre. Und einmal mehr greift hier die berühmte Weisheit von Fußballweltmeister Andreas Brehme: “Haste Sch… am Fuß, haste Sch… am Fuß!”.

Die komplette Turnierstatistik findet sich unter

Endresultat spanische Einzelmeisterschaft 2018

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