Verbandsliga-Highlights (2)

“Nach 1.e2-e4 liegt Weiß in den letzten Zügen”, wusste bereits vor vielen Jahren der führende ungarische Theoretiker Gyula Breyer. Auch unsere Verbandsligisten haben bisher keine große Vorliebe für diesen leichtsinnigen Anfangszug gezeigt. Deshalb sind sie ja auch Tabellenführer. Wie man Breyers Lehre besonders überzeugend interpretiert, zeigte Matthias Hönsch im letzten Spiel gegen Langenau 1. Bis ins Bauernendspiel hinein ließ er wohlweislich die Finger vom e-Bauern, bis er ihn im 42. Zug schließlich doch vorstieß. In der Tat lag die Partie da schon in den letzten Zügen, denn nur einen Zug später gab der Gegner auf.


Hönsch,Matthias – Herz,Thomas [A14]
Verbandsliga (2.1), 14.10.2012
[Schwerteck,Michael]
1.Sf3 e6 Die erste diskutable Entscheidung. Herz spielt normalerweise Königsindisch und wäre vielleicht besser auf gewohntem Terrain geblieben. 2.c4 d5 3.g3 Sf6 4.Lg2 Sbd7 5.0–0 Le7 6.b3 0–0 7.Lb2 Se4?! Dies ist wohl auch schon objektiv fragwürdig. Schwarz strebt Vereinfachungen an, verliert damit aber wertvolle Zeit, die er besser für die Figurenentwicklung verwendet hätte. 8.d3 Lf6 9.Dc2 Lxb2 10.Dxb2 Df6 11.Dxf6 Sexf6 12.Tc1

Die Stellung mag auf den ersten Blick harmlos aussehen, ist aber schon deutlich angenehmer für Weiß. Schwarz steht passiv und irgendwie perspektivlos. 12…c6 Matthias hatte mehr Respekt vor dem aktiveren 12…c5 , aber auch dann hat Weiß sicher etwas Vorteil. 13.Sbd2 Vielleicht war sofort 13.b4 einen Tick genauer. 13…Te8 13…a5!? hätte Weiß wenigstens ein bisschen eingeschränkt. 14.b4 e5 Der einzige aktive Plan, der aber auch erhebliche Nebenwirkungen hat. 15.cxd5 cxd5 Konsequent, aber die offene c-Linie ist natürlich ein wichtiger Faktor. 16.Sb3 b6

17.a4! “Entwickelt” den zweiten Turm. 17…Lb7 Nicht besonders gut, aber irgendwas muss Schwarz ja ziehen. 18.Tc7 Tab8 19.Lh3! Ted8 19…Sf8 20.Sg5 ist kaum besser. 20.a5 d4 21.axb6 axb6 22.Ta7

Schwarz ist total überspielt und verliert schon mindestens einen Bauern. 22…Ld5 23.Lxd7 Sxd7 24.Sbd2 Le6 25.Sg5 Lf5 26.Sc4 h6 27.Sd6! Lg6 28.Sgxf7 28.Sf3 (Matthias) war noch einfacher, um die aktiven Figuren nicht so schnell abzutauschen. 28…Lxf7 29.Sxf7 Und hier gefällt 29.Txd7 etwas besser, um den aktiven Springer zu behalten, z.B. 29…Txd7 30.Txd7 Ld5 31.Te7 Ta8 32.f3+-  29…Kxf7 30.Txd7+ Txd7 31.Txd7+

Das Turmendspiel ist natürlich auch nicht schlecht. “Mehrbauer + aktiverer Turm = gewonnen” lautet die Faustformel. (Der dritte Faktor wäre der aktivere König. Wenn man zwei der drei Kriterien erfüllt, gewinnt man normalerweise, eines allein reicht oft nicht.) 31…Kf6 32.f4 Te8 33.Kf2 g6 34.Td6+ Te6 Alles recht devot gespielt von Schwarz, aber andere Spielweisen hätten auf Dauer auch verloren. 35.Txe6+ Kxe6 36.Kf3 Kd5 37.g4 exf4 38.Kxf4 g5+ 39.Kf5 Kc6 40.Ke5 Kb5 41.Kxd4 Kxb4

42.e4!! Ka3 43.e5 1–0

Ein Kommentar

  1. Eine einseitige, aber ganz nette Partie.

    Vermutlich hat es Schwarz versäumt, “Schach für Tiger” zu lesen. Viele Spieler glauben immer noch, dass man gegen einen nominell Stärkeren möglichst viel abtauschen muss, um einen (Teil-) Erfolg zu erzielen. Zur schwarzen Partieanlage fehlt nur noch ein Remisangebot bei 10…Df6. Oder gab’s das sogar?

Schreibe einen Kommentar