Horb ist herb (zumindest für einen)

2. Horber Pfingstgambit (17.-20. Mai 2024)

Manche fahren in den Pfingstferien zur Deutschen Meisterschaft. Andere, die zu alt (Marius und Moritz Hurm), zu schlecht (Marius und Moritz), oder schlicht nicht qualifiziert (Gabriel Teixidor Gonzalez & Semen Korenchenko) waren, fahren eine Woche vorher ins deutlich näher gelegene Horb.

Tag 1: Gabriel hatte aufgrund seiner hohen Elo einen Gegner bekommen, der um einiges zu stark war und hatte keine Chance. Semen hingegen, der noch keine DWZ hat und Elotechnisch weit unterbewertet ist, war wohl ähnlich stark einzuschätzen wie sein Gegenüber, was dieser nicht wissen konnte (und Semen möglicherweise unterschätzte) und verlor. Marius Hurm holte sicher seinen Pflichtsieg. Aber Moritz spielte noch als letzter seine Partie aus. Er hatte Bauern für einen schwachen König geopfert und erst nach Stunden machte sein Gegner dann den entscheidenden Fehler.

Tag 2: Wieder ein ähnliches Bild wie in Runde 1, Gabriel mit starkem Gegner, aber ohne Punkt, Semen und Marius mit relativ sicheren Siegen (Marius wiederum als Favorit, Semen als “Außenseiter), als letzter spielte mal wieder Moritz und konnte noch den Sieg herauskämpfen.

Mittags endlich etwas Zählbares für Gabriel. Gegen einen konkurrenzfähigen Gegner konnte er sich zumindest den ersten halben Punkt holen. Der dritte 2000er fiel Semen zum Opfer, man könnte meinen, so langsam sollten die dazulernen. Marius und Moritz hatte es an Brett 1 und 2 verschlagen gegen die beiden Topgesetzten Bräuning und Bergsson. Marius stand nach eigentlich guter Eröffnung blank auf Verlust, Moritz nach einem Qualitätsopfer auf Gewinn. Moritz spielte eine furchtbare Abwicklung und verlor nach über 5 h. Damit war er ausnahmsweise aber nicht der letzte, diese Ehre gebührte Marius. Er konnte sich irgendwie in ein Turmendspiel mit Minusbauern retten und dieses dann durch 3-malige Stellungswiederholung remisieren.

Tag 3: Und auch am nächsten Morgen konnte sich Gabriel weiter stabilisieren. Zwar immer noch kein Sieg, aber das zweite Unentschieden war die zweite Partie am Stück, die nicht verloren ging.Semen (mit voller Punktzahl) wurde dank Marius Remis vom Vortag gegen Bräuning gegen diesen heruntergelost. Er ging früh in Materialvorsprung, aber nicht ohne Konsequenzen: An allen Ecken brannte es und er überlebte kaum 20 Züge. Marius konnte in seinem Spanier ausnahmsweise mal kein Land sehen, im Damen bzw. Bauernendspiel erwischte er aber noch ins Remis. Zur Überraschung von niemandem war das letzte spielende Brett noch das von Moritz. Erstaunlicherweise geriet er nicht in der Eröffnung in Nachteil, die er freestylte, sondern weil er in Zeitnotphase zu wenig materialistisch war und Bauern einbüßte.

Gegen eine überlegene Gegnerin musste Gabriel dann noch einmal eine Partie aufgeben. Moritz hatte ausnahmsweise eine durchschnittlich lange Partie, er machte Druck, bis der Gegner fehlgriff. Marius bekam es mit Moritz Gegner aus Runde 2 zu tun. Nachdem ihm im Mittelspiel die Partie etwas entglitt, landete er in einem interessanten Endspiel mit Springer gegen Läufer, das er nicht bis aufs letzte zu gewinnen versuchte, sondern in ein angebrachte Remis einwilligte. Semen spielte eine der wildesten Partien, die der Autor je gesehen hatte. Er musste sich eines Qualitätsopfers erwehren, das seinen König mitten aufs Brett zwang. Aber nur kurzzeitig stand er auf Verlust, konnte sich durch die komplizierten Varianten winden, um in einem nicht weniger interessanten Endspiel zu landen. In diesem hatte er zwischendurch 2 glatte Mehrtürme, während zwei gegnerische Bauern kurz vor der Umwandlung standen, am Ende war es im 2v1 Bauerndenspiel gewonnen.

Tag 4: Zwar immer noch kein Sieg für Gabriel, aber mit seinem Unentschieden würde er mit den hinteren Brettern jetzt also nichts mehr zu tun haben. Semen war wieder ziemlich weit vorne zu finden, musste aber wieder einen Rückschlag einstecken. Bei gegenseitigen Zwischenzügen und Drohungen ging ihm zu viel Material verloren, um weiterspielen zu können. Marius schnappte sich einen Mehrbauern beim Übergang ins Endspiel. Dieser reichte für den vollen Punkt. Moritz machte eine unpraktische Entscheidung bei der Abwicklung ins Endspiel und musste anstatt um den Sieg ums Unentschieden kämpfen. Über seinen glatten Turmeinsteller in Zug 60 musste er dann selber am Brett lachen. (Übrigens fast wieder die letzte Partie).

Und in der letzten Runde klappte es dann mit dem vollen Punkt. Gabriel setzte seine Aufholjagd fort, mit einem Sieg nach Qualitätsgewinn stand er auf einmal mit 2,5 Punkten da. Semen spielte ein sicheres Remis, vielleicht schon mit einem Auge auf die Preise gerichtet. Da würde der halbe Punkt sehr sicher ausreichen, um entweder in der Jugend oder der <1800 Ratinggruppe etwas abzuräumen. Marius spielte eine gute Eröffnung, war lange vorbereit, fand dann aber nie den wirklichen Vorteil und die Partie verflachte im Remis. Moritz hingegen musste sich in der Eröffnung gegen eine vorbereitete Variante erwehren. Zwischendurch bot er an, 3 Figuren gegen eine Dame zu geben, aber der Partieverlauf blieb bei einer schlechteren Stellung. In dieser nahm er dann das Remis dankend an, auch wenn er klarer Favorit war.

Fazit:

Semen: Sehr starkes Turnier. Selbst die Erwartungen derjenigen, die wussten, dass er ein gutes Stück besser als seine Elo ist, wurden übertroffen. Hervorzuheben waren seine sehr sauberen Übergänge ins Endspiel und seinen Mut, konsequent in die scharfen/kritischen Varianten zu gehen. Dies führte in den beiden Verlustpartien dann auch zu schnellen Kollapsen. Sowohl in der Jugend- als auch in der Ratinggruppe Sieger, insgesamt 4,5 Punkte mit drittbester Buchholz.

Marius: Genau in den Erwartungen, Platz 13 bei Setzlistenplatz 15, Ratingveränderung von 0. Verlor keine einzige Partie, aber viele Unentschieden, auch gegen Schlechtere. Ganz gute Eröffnungen, konnte sich in 3 verlorenen Partien im Endspiel retten.

Moritz: Spielte durchgehend unfassbar lange Partien, was wohl den schlechten Ausgang zum Schluss erklärt. Anfangs dadurch noch 2 Siege erkämpft. Eröffnungen waren mehrmals nicht so das Wahre.

Gabriel: Schwacher Start, selbst wenn man den deutlich zu hohen Setzplatz einbezieht. Im Verlauf des Turniers mit besseren Ergebnissen. Gegen erfahrene Gegner insgesamt gut mitgehalten, am Ende sogar leicht über der Erwartung.

In der Teamwertung kam man insgesamt (wie erwartet) auf Platz 4, im Turnierverlauf hatte man durch Marius, Semen und Moritz zwischenzeitlich die höchste Buchholz aller Teams.

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