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Schweizer Gambit
Das Schweizer Gambit sucht man in der gängigen Eröffnungstheorie vergeblich, möglicherweise waren die Eidgenossen in der Epoche vieler namensgebender Eröffnungssysteme einfach nicht so präsent wie zum Beispiel der heute kaum noch bekannte Meister Carl Behting (1867 – 1943), der zu Beginn des 20. Jahrhunderts das heute kaum noch gespielte Lettische Gambit (1.e4 e5 2.Sf3 f5) in die Praxis einführte.
Deshalb versteht man unter dem Schweizer Gambit auch keine Eröffnungsvariante, sondern die manchmal peinliche Ausrede selbsternannter Schachmeister, zu Beginn eines nach Schweizer System ausgelosten Opens gegen nominell schwächere Spieler zu verlieren, um danach das Feld von hinten aufzurollen. Was in solchen Fällen oft eine Mischung aus Formschwäche und Überheblichkeit darstellt, wird selten publizistisch breit getreten, außer es betrifft einen amtierenden Weltmeister!
Da ich den heutigen zweiten Weihnachtsfeiertag eher gemütlich verbringen wollte, hatte ich mir vorgenommen, die ab 13 Uhr bei chess24 aus St. Petersburg übertragene Weltmeisterschaft im Schnellschach zu verfolgen. Der besondere Reiz der ersten Runden besteht ja in der teilweise doch erheblichen ELO-Differenz der Spieler, so dass sich die Favoriten keine Salonremisen leisten dürfen, sondern im Gewinnsinne sogar immer wieder Stellungen überziehen.
Für das 15rundige Schnellschachturnier (15min + 10sek) waren gut 200 Teilnehmer angemeldet, darunter auch Weltmeister Magnus Carlsen, der kürzlich seinen Titel vor allem wegen seiner Überlegenheit im Schnellschach gegen Fabiano Caruana verteidigen konnte und mit Rapid-ELO 2903 deutlich vor der Nr. 2, Hikaru Nakamura (2844) rangierte. Die erste Runde bescherte Carlsen gegen den Ukrainischen GM Adam Tukhaev (2556) die schwarzen Steine. Mit seinem im WM-Kampf erprobten Sizilianer ließ er beim Übergang ins Endspiel mehrere Gewinnzüge aus, um seinen Gegner dann jedoch im Schwerfigurenendspiel mit 3 gegen 2 Bauern auf einem Flügel in gewohnter Weise zu kneten:
Nach 72 Zügen hatten beide Spieler ihre Bedenkzeit bis auf das Inkrement verbraucht. Auf dem Live-Video sind bei Carlsen genau 13 Sekunden auf der Uhr zu erkennen, und vermutlich beschäftigte ihn weniger, ob sein Vorteil aus Sicht der Engines zum Sieg reichen würde, sondern eher das Pattmotiv, welches der letzte weiße Zug (Kg2-h3!) heraufbeschworen hatte. Jedenfalls zog er nach 12 Sekunden hastig 72… Tf7-d7, aber just als er die Uhr drückte, sprang diese auf null Sekunden und so hatte sich Carlsen völlig überraschend eine Null in der Tabelle eingefangen. Ärgerlich, aber im Schnellschach doch nicht so ungewöhnlich, mag der Leser hierbei denken. Warum die Story dann doch in meinem Blog gelandet ist, zeigt die nächste Runde …
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