Was ist eigentlich beim Grenke passiert?

Grenke Chess Open 2024 (28. März-1. Mai)

Mit leichter Verspätung bin ich endlich dazu gekommen, zumindest einen kleinen Beitrag zum diesjährigen Grenke-Open zu schreiben. Aber immerhin etwas sollte berichtet werden, immerhin waren ganze 8 Königskinder am Osterwochenende hier am Schachspielen.

Allerings sorgte die enorme Teilnehmerzahl von über 2500 Spielern dafür, dass ich eigentlich kaum in der Lage war, alle Turnierverläufe und Partien beobachten zu können. Mit minutenlangen Wegen zwischen den Königskinder-Brettern war es selbst mir, der wahrscheinlich keine 10 Minuten pro Spiel auf die gegnerische Bedenkzeit überlegt, kaum möglich, mehr als eine oder zwei Partien halbwegs regelmäßig verfolgen zu können. Wenn ich es denn überhaupt schaffte, auf den ellenlangen Paarungslisten und der verwirrenden Brettnummerierungen die entsprechenden Partien zu finden. Und auch die unzähligen Großmeisterpartien, ob im Open oder dazugehörigen Grenke Classic galt es anzuschauen. Man wird wohl nicht oft in der Lage sein, Magnus Carlsen, Ding Liren, Matthias Blübaum oder Vincent Keymer in Person beim Schachspielen zu sehen. Kurioserweise habe ich es aber immerhin geschafft, einen Heiratsantrag auf der Bühne mitzubekommen, obwohl ich in dieser Runde in einem anderen Turniersaal spielte. Dass ich in meinen Partien dann auch permanent minutenweise Bedenkzeit verlor, während ich auf Wanderschaften war, ohne mein Brett sehen zu können, verwundert wohl keinen.

Im C-Open startete nur ein Königskind: Aleksandra Luzgina hatte in ihrem erst zweiten DWZ-Turnier Probleme, mit dem Niveau der Turnierspieler mitzuhalten und geriet in eine Negativ-Spirale. Aber immerhin einen Sieg konnte sie mitnehmen. In Runde 7 war es dann endlich soweit. Und im Gegensatz zu vielen anderen Spielern, die nach mehreren Niederlagen früh das Turnier beendeten, zog sie bis zur letzten Runde durch.

Im B-Open konnten wir eine weite Streuung an Spielern aufweisen, mit unterschiedlicher Spielstärke, Zielen und Ergebnissen:
Gabriel Teixidor Gonzalo war beinahe letztgesetzter, (wenn man die Spieler ohne Rating rausrechnet) und somit war jedes Unentschieden und erst recht jeder Sieg ein kleiner Erfolg. Insgesamt zwei Punkte konnte er sich sichern. Damit kletterte er (wieder) über die 1000 DWZ-Marke und erzielte eine erschreckend hohe Einstiegs-Elo (1518).

Paulina Stasaitis hatte sich von ihrem Turnier sicher mehr erhofft. Gegen die leicht stärkeren Gegner konnte sie kaum Punkte erzielen, während ihre leichteren Gegner eher undankbar waren: sehr viel niedriger im Rating, zäh und teilweise ordentlich unterbewertet. Mit einer unangenehmen Niederlage in der letzten Runde standen dann als Endergebnis nur 3 Punkte da.

Anastasiia Luzgina schien ein absolut furchtbares Turnier zu haben, sie startete mit 0/4. Danach konnte sie sich aber nochmal zurückkämpfen und erzielte sehr gute 4 Punkte in den letzten 5 Runden. Im Endeffekt summierten sich beide Turnierhälften zu einem ungefähr erwartbaren Ergebnis.

Einen fast schon langweiligen Turnierverlauf im Vergleich dazu hatte Didac Burgalossi. Gegen bessere Gegner hatte er Probleme, gegen schlechtere gewann er. Kein einziges Unentschieden fand sich in seinen Spielen. Dank seiner konzentrierten Spielweise erzielte er mit ebenfalls 4/9 ein gutes Resultat. Sein möglicherweise größte Erfolg war ein Bild mit Maxim Vachier-Lagrave.

Yannik Hurm war wahrscheinlich das einzige Königskind, das in irgendeinem der drei Open halbwegs erwarten konnte, vornerum mitzuspielen. Seine leichteren Gegner besiegte er auch reihenweise überzeugend und ohne große Mühe. Aber leider musste er auch 3 Niederlagen einstecken, die fast schon zum Haareausreißen waren: In einer Glanzpartie wegen eines versteckten Damenzugs noch in ein Matt gelaufen, Endspiele, die soo knapp vor Remis waren, und das alles gegen Topgesetzte des B-Opens. Leider bringen knappe Niederlagen auch keine Punkte. Trotzdem 6/9 ist ein Ergebnis, das sich sehen lässt.

Im A-Open waren Moritz Hurm und Martin Schmidt zu finden und schienen zwischendurch eins ihrer schlechtesten Turniere der letzten Jahre zu spielen. Ich war nach 3 Runden zweitletzter von fast 1000 Spielern, hinter mir war nur noch Köki-Trainingsgast Julius Malsam. Über den Turnierverlauf hinweg stabilisierte ich mich bei 3,5 Punkten, was dann nur noch etwas peinlich war. Eigentlich war ich während des Turniers nicht unzufrieden mit meiner Spielqualität, auch wenn die Ergebnisse nur so naja waren. Rückblickend verstehe ich bis heute nicht, was ich da zusammengespielt habe. Immerhin konnte ich gute Stellungen aus meinen Lieblings-dubiosen-Eröffnungen erzielen.

Martin konnte insgesamt 4,5 Punkte erreichen, was aber auch unzureichend war, da er ab Runde 2 permanent Favorit war. Sein einer Punkt aus den ersten 5 Runden waren laut eigenen Angaben auch ein Resultat daraus, dass er zu sehr ans Ergebnis dachte, und sich selbst zu sehr unter Druck setzte, aufgrund zuletzt erfolgreichen Turnieren. Die Lösung war dann offenbar, sich einfach nicht mehr dafür zu interessieren. In den letzten 4 Runden konnte er auf einmal doch ordentlich Punkte einfahren.

Insgesamt hatten wir am Ende der 9 Runden keinen wirklichen Ausreißer nach unten oder oben dabei. 3 Königskinder schienen allerdings das Prinzip von Ostern mit den Trauertagen an Freitag und Samstag und der folgenden Auferstehung etwas zu sehr verinnerlicht zu haben.

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