Landesliga, 4. Runde: SV Reutlingen 2 – SG KK Hohentübingen 1:7
Was für ein erfolgreicher Sonntag! Toll natürlich vor allem der Sieg des HSV gegen Mainz. Und Bremen kriegt die Hucke voll, hihi. Ach so, und im Schach lief’s auch ganz passabel. Nach einem klaren 7:1 in Reutlingen sind die Königskinder immerhin recht souverän Herbstmeister geworden, aber der Nikolaus ist bekanntlich kein Osterhase und es ist noch ein weiter Weg. Ob die Truppe wirklich „zu stark für die Landesliga“ ist, wie der Reutlinger Teamchef behauptete, ist nach derzeitigem Stand noch keineswegs klar. Reutlingen 2 ist halt, bei aller Freundschaft, nicht besonders hochkarätig besetzt (Nr. 9 der Setzliste) und das Spiel war eher von Geduld und konsequenter Chancenverwertung geprägt als von berauschendem Spielwitz. Also ein bisschen wie beim HSV. Warum auch nicht, entscheidend sind die drei Punkte…
Heiner Uhlig (7) war eigentlich fest für Brett 8 eingeplant, bis sich beim Ausfüllen der Spielberichtskarte plötzlich herausstellte, dass er an Brett 7 spielen musste. Tja, auch als Ersatzmann ist er vor Stammspieler Nils aufgestellt, was dem Teamchef vielleicht auch schon mal früher hätte auffallen können. So ging es also mit Weiß gegen Wolfgang Liebert, der wie so oft eine unorthodoxe Stellung anstrebte. Das schmeckte Heiner nicht so recht und er nahm im Mittelspiel ein Remisangebot an, als er schon ein wenig die Kontrolle verloren hatte. Den ersten vollen Punkt holte 100-Prozent-Mann Nils Müller (8). Dabei war ihm die Eröffnung eigentlich ein bisschen daneben gegangen, aber sein Gegner Thomas Jenke fühlte sich davon derartig provoziert, dass er mit einem Turmopfer auf Schönheitspreis spielte. Es funktionierte allerdings nicht so richtig, Nils wehrte die Drohungen ab und gewann im Gegenangriff.
Nicht so viel los war bei Michael Schwerteck (4), dessen Gegner Mark Klein mit Weiß zwar harmlos, aber stocksolide agierte. Es tauschte sich einiges ab und im Endspiel ging einfach nichts mehr, also remis. Ganz anders zur Sache ging es bei Martin Schmidt (2). Der Berichterstatter war vom komplizierten Spiel deutlich überfordert, daher erfolgt die Zusammenfassung mit freundlicher Unterstützung von Houdini. Martins Eröffnung sah riskant aus und die Stellung um den 20. Zug herum gefiel seinem Teamchef überhaupt nicht. Schnickschnack, sagt die Maschine, Martin steht in Wirklichkeit besser – vorausgesetzt, er spielt richtig weiter. Das klappte allerdings nicht, sondern wegen eines taktischen Versehens ging eine Figur verloren, wenn auch gegen gewisse Kompensation. Der weitere Verlauf war sehr erstaunlich: Im 25. Zug ging die Figur hops, im 26. Zug machte der Reutlinger Bernhard Mößner einen etwas unlogischen, aber auch nicht unbedingt fatal aussehenden Zug… und stand direkt glatt auf Verlust (-3). Wahnsinn, Figur mehr, aber nichts geht. Hochspannend war es trotzdem noch, denn es waren ja keine Maschinen am Werk und Martin war in ungewohnt starker Zeitnot. Trotzdem fand er die richtigen Züge und im 33. Zug (bei nur noch gut 30 Sekunden für Martin!) gab der Gegner wegen Damenverlusts auf.
Damit war der Bann endgültig gebrochen und es folgten noch vier weitere Siege, die eher technisch geprägt waren: Matthias Hönsch (1) häufte gegen Frank Hablizel kleine Vorteile an (bessere Leichtfigur, bessere Bauernstruktur), behielt immer die Kontrolle und sammelte schließlich im Damenendspiel einige Bauern ein. Bernd Staufenberger (6) trat gegen seinen Ex-Klub an und war ähnlich erfolgreich wie Thomas Schaaf gegen Bremen. Peter Ziese machte es ihm auch nicht allzu schwer, denn nach katastrophaler Weißeröffnung stand er bereits nach fünf Zügen schlechter und kurz danach glatt auf Verlust (-4). Bernd machte es umständlicher als nötig und ging den Weg über ein Turmendspiel, das aber mit zwei Mehrbauern immer noch klar gewonnen war.
Schönen Eröffnungsvorteil, wenn auch nicht ganz so großen wie Bernd, erhielt Jörg Jansen (5), nachdem Jens Seifert sich früh zum scheußlichen f7-f6 genötigt sah (laut Automat zu Unrecht). Die Stellung spielte sich angenehm, war aber doch ziemlich verrammelt. Schließlich fand Jörg einen Durchbruch am Königsflügel und sammelte mit einem taktischen Kniff zwei Bauern ein. Der Rest war einfach. Lauritz Jansen (3) spielte wieder eine recht eigenartige Partie. Dies lag zunächst an seinem Gegner Daniel Kolacyak, der in der Eröffnung einfach mal zwei aktive Leichtfiguren für Turm und Bauer tauschte. Rein mathematisch vielleicht ein neutrales Geschäft, aber eigentlich ist doch allgemein bekannt, dass bei vollem Brett die Leichtfiguren viel stärker sind. Erleichterung beim Berichterstatter, dass ihn die Maschine ausnahmsweise bestätigt: die Bewertung springt von Ausgleich auf +1.5. Lauritz’ Strategie war in der Folge aber auch recht eigenwillig, denn er provozierte einen Bauernansturm, der wohl ohnehin geplant war. Die Bauern wurden schließlich gebremst, aber die Stellung war nun so geschlossen, dass es schwierig war, Fortschritte zu erzielen. Mit viel Geduld und langwierigem Manövrieren ging es irgendwann doch voran, schließlich fiel noch ein Bauer und ein Gegenangriff reichte nicht aus. Somit war nach knapp sechs Stunden der Kantersieg perfekt.