Das war heute vielleicht eine Partie. Nicht besonders lange – das werden meine Partien irgendwie selten – aber dafür intensiv. Am Ende waren wir beide über das Remis froh. Ich spielte mit Schwarz gegen Achim Engelhart und hatte mich sogar ein wenig vorbereitet. Die Vorbereitung kam allerdings überhaupt nicht auf das Brett, stattdessen landete ich direkt in einer schlechten Variante – eine fast astreine Wiederholung der Partie aus der ersten Runde. Nur das Endergebnis war nicht so positiv für mich.
Engelhart, Achim (2027) – Schmidt,Martin (2061)
In einem normalen Spanier hatten wir schon bald diese Stellung erreicht:
Nun wären Züge wie 6…Lc5 angebracht. Ich achtete jedoch nicht auf solche Feinheiten, sondern folgte meiner Vorbereitung.
6…Le7?! 7.d4
Huch – der geht hier ja auch. Und vor lauter Panik reagierte ich so wie immer in ähnlichen Stellungen – ich schlug. Und landete bald in einer entsetzlichen Stellung.
7…exd4 8.e5 Se4 9.Ld5 Sc5 10.Sxd4 Lb7 11.Sf5 Autsch… den hatte ich nicht kommen sehen. Das wird ja in diesem Turnier langsam zur Gewohnheit. 11… 0-0 12.Dg4 g6
Weiß steht super. Und ich habe wieder einmal in den Angriff hineinrochiert – hier war es allerdings sogar die beste Entscheidung. Und wie weiter? Natürlich sehen Züge wie Te1 oder Lf4 aus, obwohl Houdini den letzteren wegen dem kaltblütigen Kh8 nicht besonders gern mag – danach muss Weiß ein paar Figuren abtauschen. Auch Sh6 scheint nicht schlecht zu sein. Mein Gegner zog aber
13.Dg3? Und nun nahm ich mir das erste Mal eine längere Auszeit. Irgendwann muss man ja den Mist reparieren, der in der Eröffnung verzapft wurde. Und tatsächlich tauchte schon bald in meinem Gehirn ein sehr frecher Zug auf…13…Sd4!
Auf einmal hat Weiß Probleme. Es droht Se2, Sxf5, Lxd5… und alles kann nicht bedient werden. Also Abwicklung mit Bauerngewinn?
14.Lxf7+ Txf7 15.Sxd4 Se4 16.Dg4
Der letzte Zug war gegen h5 gerichtet, wie mir Achim später völlig fassungslos verraten hat – denn genau das kam.
16…h5!?
Objektiv ist vermutlich das ruhige 16…Lc5 17.Le3 De7 stärker, dann steht Schwarz trotz des Minusbauern äußerst bequem. Auch hier ist das letzte Wort jedoch nicht gesprochen. Psychologisch war h5 auf jeden Fall ein Volltreffer.
17.De2 Die Hauptvariante Dxg6 führt zu wilden Stellungen, in denen Weiß schlussendlich die Dame für Turm und Figur gibt. Dank der vielen weißen Bauern bleibt es aber spannend. 17…d6? daran überlegte ich lange, dennoch ist der Zug falsch – irgendwie habe auch ich dem folgenden Zug (der von meinem Gegner stark kritisiert wurde) nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt. 17…Lc5 wäre besser gewesen.
18.e6 Tf8 19.Sc3 Sxc3 20.bxc3 c5 21.Sf3 Tf5!
Auf den Zug war ich stolz – und darf es sogar sein, denn er ist richtig gut. Insbesondere droht die einfache Rückeroberung des Bauern mittels Lxf3 gefolgt von Te5, aber auch Ideen wie Txf3 mit Ausnutzung der langen Diagonale werden möglich.
21.c4 Nicht passiv bleiben ist hier vermutlich die beste Option. 21…Df8 22.Sd2
Und wäre es auch hier gewesen. Und nun einfach 22…Te5 23.Dd3 Txe6 und Schwarz steht blendend… aber ich wollte hier mehr. Da muss doch ein Matt drinnen sein? Leider nicht…
22…Df6 23.Tb1 b4? Es war mir wirklich nicht klar, wie schlecht dieser Zug ist… im Laufe der folgenden Partie wurde es klarer. Noch wäre es nicht zu spät gewesen für Te5. Jetzt komme ich dazu nie mehr und meine Figuren verheddern sich immer mehr im vergeblichen Bemühen, einen Mattangriff zu schaffen. Die Schlussstellung (nach 30.g3) war dann so:
Weiß hat einen gesunden Mehrbauern, der Mattangriff ist weitestgehend abgeschlagen, der Läufer auf b2 beherrscht die Diagonale und d6 ist die Mutter aller rückständigen Bauern. Außerdem bietet Weiß Remis an… und Schwarz nimmt, nach ein paar Minuten Bedenkzeit und schlussendlich erleichtert an.
P.S. von Michael:
Aus Zeitgründen gibt es von mir diesmal keine tiefere Analyse. Im Prinzip war die Partie auch nichts Besonderes, denn ich bin einfach stur Lankas Konzepten gefolgt. Wenigstens war der Maestro endlich mal zufrieden mit mir! 🙂
Spannend – für den der was mit Schach zu tun hat 🙂 ich versteh leider nicht so viel. Aber was mich interessiert: Gibt es jemanden, der die Partie dokumentiert? Oder merkt ihr euch alle Züge und schreibt sie dann hinterher auf?
Grüße
Matthias
Hallo Matthias,
Die Partien werden von beiden Spielern während der Partie mitgeschrieben. Das dient einmal der Dokumentation für sich selber (und für den Veranstalter), aber auch zum Nachprüfen des Partieverlaufes, da dieser für gewisse Regeln wichtig ist.
Gruß,
Martin
21…Txf3!?
sieht sehr interessant aus. Vermutlich bist Du auf den Zug nicht näher eingegangen, weil der elektronische Sekundant ein wenig die Stirn runzelt.
22. gxf3 Df8
Nun droht 23… Kh7 (deckt g6) und danach 24… Df8-f5-h3. Die Stellung ist ziemlich kompliziert, ein Computer hilft hier nur begrenzt weiter.
23.a4!? gefällt Houdini am besten, weil nach 23… bxa4 24.Txa4 der Turm den Königsflügel verteidigen kann oder nach 23… b4 24.cxb4 der Läufer nach b2 kommt (z.B. 24… cxb4 25.Dd3 Dxf3? 26.Dxg6+ +-)
Die Frage ist, ob Schwarz hier andere Züge hat, wie z.B. 23…Te8!?
Ich wäre sicherlich auf ihn eingegangen, wenn Houdini ihn für gut befunden hätte – aber ich habe ihn auch schon während der Partie verworfen, da mir nicht klar war, wie ich nach f4 gefolgt von f3 weiterkomme. Aber vielleicht ist er trotzdem gut – es gab viele interessante Züge hier und ich habe nur ein paar offensichtliche erwähnt, es sollte ja vor allem ein Vorstellen der Partie und keine tiefergehende Analyse sein.
Aber das werde ich mir sicher mal genauer anschauen.
> es sollte ja vor allem ein Vorstellen der Partie und keine tiefergehende Analyse sein.
Ich bin sowieso erstaunt, dass Ihr beide Euch die Zeit nehmt, *während* des Turniers etwas ins Internet zu stellen.
Naja, man schaut ja ohnehin über die eigene Partie drüber. Und dann wollte ich mal schauen, wie das denn hier so die Aktivität ankurbelt – bisher siehts ganz gut aus.