Verbandsliga-Highlights (6)

Nun also, wie versprochen, auch noch zu Matthias’ Partie. Diese bietet auch eine passende Gelegenheit, um im Nachhinein wenigstens noch die “Pressewertung” zu gewinnen. Nichts gegen den Ulmer Kollegen persönlich, aber seine Darstellung stimmt zu einem großen Teil einfach nicht. Wenn ich einen Spielbericht verfasse, weiß ich selber auch nicht in jedem Fall ganz genau, wie die Partien gelaufen sind, aber dann schreibe ich das auch so. Vor allem setze ich aber die rosarote Vereinsbrille ab und lobe nicht reflexhaft die eigenen Leute in den Himmel, während ich die Gegner schlechter darstelle, als sie tatsächlich waren. Mich ärgert zum Beispiel, wenn ich lese, dass Bernd trotz Rückstand seiner Mannschaft in unklarer Stellung einfach Remis gemacht habe. Das ist Quatsch! Bernd stand in der Schlussstellung auf Verlust und hatte keine Chancen auf einen Gegenangriff!

Über die folgende Partie lese ich, dass die zwei verbundenen Freibauern “gegen die solide weiße Technik” nicht ausgereicht hätten. Nun ja. Dem stelle ich die folgende Analyse entgegen:

Smolny,Frieder (2130) – Hönsch,Matthias (2221)

KK1 – WD Ulm (6.1), 27.01.2013

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Aus der Eröffnung heraus hat Weiß einigen Druck entwickelt. 19…b6! Sicherlich die beste Chance. 20.Lxa8 bxc5 21.Tfe1 c4 22.Lg2?! Dies ist wahrscheinlich zu schablonenhaft. Bessere Aussichten verspricht 22.Le4 mit der Idee 22…d3 23.Te3 , um auf d3 den Läufer für die beiden Freibauern zu geben. 22…d3 Schwarz ist wieder dick im Geschäft! 23.Lf1 Weiß will die Bauern blockieren, aber diese Strategie scheint nicht besonders gut zu funktionieren. 23…d2 24.Te3 c3 

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25.Ld3 So hat er sich das also gedacht. Aber hält die Blockade auch wirklich? Stehen die weißen Figuren nicht zu passiv? 25…Ld4 Eine plausible und gewiss nicht schlechte Idee, aber nach einigem Herumanalysieren glaube ich, einen noch besseren Plan gefunden zu haben. 25…Dc7! sieht stark aus. Die Idee ist Tc8 nebst Sc4, was Weiß praktisch dazu zwingen würde, seinen wichtigen Läufer gegen den derzeit passiven Springer abzutauschen. Weiß kann dies zwar mit 26.Te4 verhindern, aber dann kommt 26…Sb7! mit größerer Kraft als in der Partie. 26.Tf3? Objektiv ein klarer Fehler; der Turm steht hier schlecht. 26.Te4 ist der kritische Zug, wonach sich der Ld4 für eine der Diagonalen entscheiden muss. Möglicherweise befürchtete Weiß 26…Lxf2+ , aber dies führt höchstens zum Remis: 27.Kxf2 Dxd3 28.Te3 Dd6! 29.Dxa5 (oder 29.Txc3 Te8! 30.Dc2 Db6+ 31.Kf1 Db7 32.Dxd2 Dh1+ 33.Kf2 Dxh2+ 34.Kf1 Dh1+=) 29…c2 30.Txd2 Dc5 31.Txc2 Dxc2+ 32.Te2 Dc5+= 26…Sb7?! Das Manöver ist an sich richtig, aber das Tempo 26…Dd5! hätte man getrost mitnehmen können. 27.Kg2 Sb7! mit glänzender Stellung, in der die weißen Figuren einen tragikomischen Eindruck machen. Höchstwahrscheinlich steht Schwarz sogar auf Gewinn, da er in aller Ruhe seine Stellung verstärken kann. 27.Lc2 Eine Alternative war 27.Dc4 , wonach Schwarz wohl am ehesten reumütig 27…Sa5 spielen sollte. 

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27…Sc5?? Sorry, aber hier muss ich leider gleich zwei Fragezeichen vergeben. Spätestens hier war 27…Dd5 doch wirklich naheliegend und sogar noch stärker als vorhin. 28.Kg2 (28.Td3 Td8 ist auch nicht besser) 28…Sc5 29.Db4 Te8 und Schwarz muss hier einfach auf Gewinn stehen. Weiß ist ja schon nahezu im Zugzwang! Bezeichnenderweise zeigt Houdini “-3” an und betrachtet das traurige 30.Txd2 als beste Chance, wonach Schwarz aber einfach eine Figur mehr hat. 28.Dc4 Tja, jetzt ist es mit unserem schönen Dd5 leider Essig. Darüber hinaus droht auch noch 29.Txc3. Der komplette schwarze Vorteil ist plötzlich weg. 28…Te8 29.Txc3?! (besser war 29.Kg2) 29…Te1+?! 29…Da8! 30.Tf1 (einziger Zug) 30…Lxc3 31.Dxc3 (31.Dxc5 La5 ist ebenfalls deutlich besser als die Partie) 31…Dd5 hätte wieder gewisse Chancen ergeben. 30.Kg2 Txd1?! Warum den aktiven Turm sofort abtauschen? Dies nützt nur Weiß. 30…Lxc3 31.Dxc5 La5= 31.Lxd1 Lxc3 32.Dxc5 (32.Dxc3!?) 32…Ld4 33.Dc6 Lb6

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Hier können wir die Betrachtung abbrechen. Schwarz hat einen Bauern weniger, aber die ungleichfarbigen Läufer und der Bd2 sollten ihm eigentlich das Remis sichern. Nach ein paar unglücklichen Zügen in Zeitnot ging die Partie leider noch vollends verloren, aber das war nicht mehr sehr interessant.

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