Verbandsliga, 4. Runde: SG KK Hohentübingen – Post SV Ulm 6:2
Um den HSV-Trainergott Bruno Labbadia im übertragenen Sinne zu zitieren: „Schach ist geil… wenn man gewinnt.“ Nach drei weniger geilen Auftaktspielen war es endlich wieder so weit und die Hohentübinger konnten mit den ersten zwei Punkten eine Resthoffnung auf den Klassenerhalt bewahren. Es war ein Tag, an dem alles wie am Schnürchen lief, so dass es wieder richtig Spaß machte. Zwar bleibt die Truppe vorerst auf Platz 9, aber der Anschluss ist zumindest da. Bleibt zu hoffen, dass die sich für 2016 abzeichnenden Personalengpässe nicht allzu schwerwiegend sein werden.
Am Freitag vor dem Spiel war im kleinen Kreis noch ein grober Matchplan aufgestellt worden. In der (zutreffenden) Annahme, dass die Ulmer wie bislang immer ihre etatmäßigen Bretter 1 und 3 zuhause lassen würden, sah dieser etwa so aus: Matthias spielt wie üblich remis, die Bretter 2-5 müssen gegen nominell Stärkere dem Druck halbwegs standhalten, die Bretter 6-8 fahren mit zweimal Weiß und gewissem DWZ-Plus hoffentlich die nötigen Siege ein. Um es vorwegzunehmen: An Brett 1 lief es wie geplant, an 6-8 eher am unteren Rand der Hoffnungen (2/3), während die vermeintliche Achillesferse 2-5… mit 3,5/4 richtig abräumte! Und das kam so: Heiner Uhlig (7) kam als Letzter und ging dafür als Erster. Wie es im Sonntagmorgen-Halbschlaf manchmal so geht, griff sein Gegner Igor Kucinski nach einem Dutzend Züge eine Figur an und verschwitzte völlig, dass statt des Rückzugs auch ein äußerst unangenehmer Zwischenzug ging. Damit war sofort Schicht im Schacht und Heiner hatte früh Feierabend.
Die anderen Partien gingen deutlich länger, aber die Königskinder kamen überwiegend gut aus der Eröffnung und waren am Drücker. Besonders spannend war es bei Jörg Jansen (6), der gegen Valeri Tjo an die Durchschlagskraft seines Königsangriffs glaubte und den Zusammenbruch seines Damenflügels zuließ. Allerdings war die Sache dann doch nicht so klar, Jörg fand kein Matt und musste letztlich zufrieden sein, wenigstens per Zugwiederholung ein Remis mitzunehmen. Zum selben Ergebnis kam Nils Müller (5), der zuletzt eine kleine Formkrise hatte, aber gegen Christof Habel ganz solide und seriös agierte. Nachdem mehrere Figuren sowie alle Damenflügelbauern abgetauscht waren, sah kein Spieler mehr einen Gewinnansatz.
Michael Schwerteck (3) strotzte nach 0/3 auch nicht unbedingt vor Selbstvertrauen, überraschte aber sein Team und sich selbst mit einem glatten Schwarzsieg gegen seinen bislang DWZ-stärksten Gegner. Dieser (Jürgen Orlowski) behandelte die Eröffnung ungenau und hatte bald Schwierigkeiten mit seinem wackligen Zentrum. Mit einem vorübergehenden Figurenopfer versuchte er, Verwirrung zu stiften, aber auch das klappte nicht. Michael gab die Figur so zurück, dass er eine sehr unangenehme Fesselung aufbauen konnte, was dann auch bald zum Sieg führte. So konnte Kai Schumann (8) es sich leisten, sein kompliziertes Endspiel gegen Alexander Stefaniuc remis zu geben. Normalerweise hätte Kai vielleicht noch auf Gewinn gespielt, aber er war sich seiner Sache nicht ganz sicher und im Sinne der Mannschaft war es nicht nötig, ein Risiko einzugehen.
Zu diesem Zeitpunkt stand nämlich auch Martin Schmidt (2) gegen Heiko Preuß bereits klar auf Gewinn und vollstreckte in der Tat wenig später zum Mannschaftssieg. Mit einem vorbereiteten Figurenopfer hatte Martin den Gegner schon in der Eröffnung auf dem falschen Fuß erwischt, wenn auch auf kuriose Weise: Die in der Partie gewählte Version gibt es zwar auch, aber eigentlich hatte Martin ein Zugpaar vergessen, wie ihm erst zuhause wieder einfiel. Vielleicht war es aber aus praktischer Sicht gerade richtig so, denn das Abspiel war vor allem in den 1970er Jahren aktuell (Velimirovic, Beliavsky, Timman…) und ist seitdem wieder in Vergessenheit geraten. Der Ulmer reagierte trotz langen Nachdenkens falsch und geriet in einen heftigen Angriff, aus dem er nicht mehr herauskam, obwohl Martin sogar eine paar schnellere Gewinnwege ausließ.
Da wollte Lauritz Jansen (4) nicht nachstehen und gewann so, wie er oft gewinnt, wenn es bei ihm läuft: komische Eröffnung, unklares Mittelspiel, taktische Verwicklungen… und plötzlich hat der Junge eine Figur mehr und steht auf Gewinn. In diesem Fall lag dies daran, dass Christian Kramer eine längere Abwicklung falsch berechnete und zu spät erkannte, dass sein Springer nicht mehr aus dem gegnerischen Lager herauskommen würde. Am Ende sorgte Matthias Hönsch (1) gegen Achim Engelhart dafür, dass die Mannschaft ganz ohne Niederlage blieb. Zeitweise bestanden Sorgen um seinen doch recht schwächlichen Isolani, aber Matthias fand offenbar genügend Gegenspiel und erreichte kurz nach der Zeitkontrolle schließlich den Remishafen. So war das Spiel relativ früh zu Ende und die Königskinder verabschiedeten sich gut gelaunt in die achtwöchige Pause bis zum nächsten Spiel.