Verbandsliga, 7. Runde: SG KK Hohentübingen – SV Tübingen 3:5
Nach einer spielfreien Runde ging es mit dem Tübinger Lokalderby weiter, das aus organisatorischen Gründen „auswärts“, d.h. im Salzstadel ausgetragen wurde. In der letzten Saison hatten die Königskinder in dieser Begegnung ihre beste Saisonleistung hingelegt, doch diesmal taten sie sich deutlich schwerer. Dies hatte mehrere Gründe: Erstens fehlten ausgerechnet in diesem wegweisenden Match zwei Stammspieler (sowie die stärksten Ersatzspieler), zweitens war der Gegner diesmal vollzählig und drittens (und wichtigstens) war die Leistung einfach nicht gut genug. Letzteres gilt insbesondere für die Stammkräfte, denn was die beiden Ersatzleute machten (s.u.), war im Rahmen ihrer Möglichkeiten durchaus in Ordnung.
Karsten Neurohr (2) hatte sich eigentlich vorgenommen, in dieser Saison keine Remisangebote abzugeben oder anzunehmen. Aber jeder kennt ja das übliche Schicksal solcher guten Vorsätze: Man macht ganz bestimmt dieses und jenes… es sei denn, man macht es doch anders. Und so endete die Partie gegen Reinhard Sonnberger dann doch mit einem frühen und nicht wirklich erzwungenen Remisschluss. Sicherlich gab es in diesem konkreten Fall gute Gründe und die Stellung gab auch wenig her, aber das schlappe Weißremis war irgendwie kein gutes Auftaktsignal. Julius Heller (7) konnte man fehlende Kampfkraft allerdings wahrlich nicht vorwerfen, denn seine Partie gegen Bernhard Koppenhöfer wurde ausgespielt bis zur letzten Patrone. Nach originellem Eröffnungsgeplänkel ergab sich rasch ein ausgeglichenes Endspiel, in welchem die beiden älteren Herrschaften, ähnlich wie im Jugendschach, weiterhin in rasendem Tempo alles abholzten und auch das Bauernendspiel bis zum Patt durchexerzierten. Das Spiel hatte teilweise den Charakter einer Blitzpartie und die korrekte Notation der Züge war vor allem für den Tübinger eine größere Herausforderung als die richtige Zugwahl.
Mit komplexeren Stellungsproblemen musste sich Nils Müller (8) herumschlagen. Gegen Aljoscha Heinlin kam es zu einem interessanten Mittelspiel mit drei Bauern gegen einen am Damenflügel und drei gegen fünf am Königsflügel. Zumindest optisch sah es für Nils eigentlich recht vielversprechend aus, aber schließlich nahm er doch ein gegnerisches Remisangebot an, da bei einem konsequenten Spiel auf Gewinn seiner Meinung nach zu viel Gegenspiel entstanden wäre. Matthias Hönsch (1) konnte wie beim letzten Mal mit Schwarz gegen Jürgen Roth gewinnen. Einen unmittelbar entscheidenden Einsteller gab es diesmal nicht, aber der Tübinger schien doch ein wenig neben der Spur und übersah mehr, als man von ihm gewohnt ist. Matthias nutzte dies gut aus, gewann mit taktischen Mitteln zwei Bauern und ließ sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen. In der Zwischenzeit geriet allerdings Jörg Jansen (5) gegen Klaus Weber (auch diese Paarung wiederholte sich) in immer größere Schwierigkeiten. Lange Zeit hatte Jörg eine sehr solide Stellung, stand zeitweise sogar besser, ließ sich dann aber ohne erkennbare Notwendigkeit ein schlechtes Turmendspiel andrehen. Bei optimaler Verteidigung wäre es vermutlich noch zu halten gewesen, aber der Negativtrend setzte sich fort und am Ende stand wieder die Null.
Auch wenn sich nun beim Stand von 2,5:2,5 die Mannschaftsniederlage schon deutlich abzeichnete (zwei Partien standen so gut wie hoffnungslos), hätte Michael Schwerteck (4) gegen Christoph Frick ein wenig Ergebniskosmetik betreiben können bzw. müssen. Gut 30 Züge lang lief alles bestens: Michael massierte den Gegner am Damenflügel, gewann erst einen Bauern, dann stellte Frick plötzlich auch noch eine Figur ein. Darauf war die Stellung so trivial gewonnen, dass man auch vom nahen Faschingsumzug einen beliebigen Narren ans Brett hätte schleifen können, der dann, selbst mit Maske vor dem Gesicht, locker den Punkt eingefahren hätte. Wieso der Teamchef hingegen nach bis dahin so überzeugendem Spiel plötzlich einen Schnapszug nach dem anderen produzierte und den gesamten Vorteil wieder herschenkte, lässt sich rational nicht erklären. Es kann nur festgehalten werden, dass die Partie auf wundersame Weise mit einem Remis im Damenendspiel endete. Tja, wie war doch der Vorsatz: „Wenn du einen guten Zug siehst, mach ihn einfach“…
Wenig Gelegenheit zu guten Zügen hatten leider die beiden verbliebenen Königskinder, weil sie aus der Eröffnung heraus einfach schrecklich standen. Zunächst übersah Bernd Staufenberger (6) gegen Thomas Claus eine Abwicklung und blieb auf einer Stellung voller Schwächen sitzen. Bald war ein Bauer weg, später ein zweiter, und auch wenn die gegnerische Technik leichte Unsicherheiten aufwies, reichte sie doch zum relativ ungefährdeten Partiegewinn. Martin Schmidt (3) ließ sich gegen Farhad Khadempour überraschenderweise auf einen ihm ungewohnten Stellungstyp ein, den er dann auch nicht gut behandelte. So geriet er in eine furchtbar passive Lage, in der er zudem an einer unangenehmen Bauernschwäche laborierte. Oft dreht Martin ja dubiose Stellungen noch um, aber ohne Gegenspiel war es in diesem Fall ein Albtraum. Die Zeitkontrolle erreichte er noch, aber Spaß machte es keinen und die Kapitulation war schließlich eher eine Erlösung.
Somit ist der Klassenerhalt wieder akut gefährdet, denn der erste Abstiegsplatz (es kann sich noch ändern, aber nach derzeitigem Stand steigen vier Mannschaften ab) ist nur noch zwei Brettpunkte entfernt. Man kann jetzt viel spekulieren, wie die nächsten Spiele ausgehen, welche Mannschaft wie antritt usw., aber in erster Linie muss man besser spielen als zuletzt. Für eine Endabrechnung ist es natürlich noch zu früh, aber es zeigt sich doch recht deutlich, dass man bei weitem nicht im vorderen Bereich mitspielen kann, wie man vor der Saison noch zu hoffen wagte. Wieder das alte Lied: Es ist so leicht, sich viele schöne Dinge vorzunehmen, und so schwer, sie dann tatsächlich umzusetzen…